„What’s in a name? That which we call a rose by any other name would smell as sweet.“ – Shakespeare
ADHS ist die Abkürzung für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Ein Name, der der Neurodivergenz, die hier bezeichnet wird, nicht gerecht wird. Er leitet sich ab aus zwei von drei Diagnosekriterien für ADHS, wie sie das ICD-10 sowie DSM IV vorschreiben, als da wären: Unaufmerksamkeit, motorische Unruhe, Impulsivität. Schon hier schlucke ich zweimal: Erstens, DAS sollen die Grundmerkmale dieser so komplexen Normvariante sein, die in so unterschiedlichen Gewichtungen ausfällt, so viele verschiedene Merkmale aufweist? Zweitens: War für Impulsivität im Namen einfach kein Platz mehr? Wenn wahllos zwei Merkmale herausgepickt werden, wieso ausgerechnet diese beiden – wieso heißt es dann nicht: Kreativitäts-Hyperfokussierungs-Störung? Damit etwas als Störung durchgehen kann, muss es natürlich mit negativen Merkmalen belegt werden – selbst, wenn diese nicht einmal zutreffen. Es handelt sich bei ADHS nämlich gar nicht um ein Aufmerksamkeitsdefizit, sondern lediglich um eine andere Verteilung der Aufmerksamkeit. Eine typische ADHS-Eigenschaft ist der Hyperfokus – eine Art Flow-Zustand, in dem die Aufmerksamkeit über lange Zeit extrem fokussiert ist. Und dann die Hyperaktivität: Diese tritt als motorische Unruhe bei sehr vielen ADHSler⋅innen gar nicht auf – wird dann umgangsprachlich einfach weggelassen: ADS. Ohne zu beachten, dass es eigentlich auch kein ADS ohne Hyperaktivität gibt – nur richtet die sich nach innen, als innere Unruhe, Gedankenkreisen, endlosen Assoziationsketten. Das Problem dabei ist folgendes: Im Volksmund ist ADHS eben als Hyperaktivitätsstörung verschrien, dies wird im Kindesalter schnell erkannt – die Kinder, oftmals weiblich sozialisiert, die die Hyperaktivität nach innen richten, werden nicht als neurodivergent erkannt – schlagen sich bis ins Erwachsenenalter oder ihr gesamtes Leben damit herum, sich anders und nicht gut genug zu fühlen. Eine Neurodivergenz nach zwei angeblichen Hauptmerkmalen zu benennen fördert Schubladendenken und Stigmatisierung – v.a. wenn diese Merkmale nicht einmal zutreffend sind.